Die neue Kollektion 'MIDNIGHT' steht in den Startlöchern. Die Nähmaschine näht die letzten Stiche und ich war zu Gast bei cold by

Mit Juliane und Carsten über Klassik, Ikonen und Heimatliebe




Wenn ihr euch jeweils in drei Worten beschreiben müsstest – welche wären das?

Carsten: Jule ist taff, offen, besonders. Jule in drei Worten zu beschreiben ist jedoch recht schwer. 
 
Juliane: Carsten ist kreativ, sprunghaft und sozial. 


 Könnt ihr mir etwas zur Namensfindung eures Labels erzählen? Was verbindet cold by und die Kälte?



Juliane: Ich habe nach einem Namen gesucht und er sollte vorrangig englisch sein. Das Label wurde im Winter gegründet und ich glaube das ist auch schon fast die Geschichte. Meine Intuition hat zu einem großen Teil bei der Namensfindung mitgespielt. Heute bekomme ich viel positives Feedback, dass der Name perfekt passt.


Im Dezember letzten Jahres, wurde dein Label gelauncht. Wolltest du vor deinem Modedesignstudium je etwas anderes machen?
  
Juliane: Ich wollte Eisverkäuferin werden, habe jedoch schnell gemerkt, dass es im Winter nicht wirklich viel zu tun gibt. Das Projekt blieb also auf der Strecke. Seit ich 12 bin habe ich nichts anderes gemacht als zu nähen und Kleidungsstücke nach meinen Vorstellungen umgestaltet.


Carsten: Ganz früher wollte ich Astronaut werden. In der Schulzeit war es dann die Eröffnung eines eigenen Druckerreibetriebes. Nach ein paar Berufspraktika habe ich die Idee dann aber wieder verworfen. Später sollte es der Erzieher sein und dann wurde es doch die Soziologie. Ich glaube ich schau überall mal rein. 



Wie habt ihr euch das vorgestellt, als Modedesigner zu arbeiten  und wie ist es wirklich?

Carsten: Ich hatte gar keine Vorstellung. Ich habe angefangen mit dem Wunsch nähen zu lernen und Jule hat mir viel gezeigt. Ein klares Bild, wie es dann im Endeffekt ist, hatte ich jedoch nicht vor Augen. Der Prozess, in dem aus losen und manchmal vollkommen unterschiedlichen Zusammenhängen eine  Idee auf ein Textil übertragen wird, war mir vorher  fremd.
  
Juliane: Während des Studiums hatte ich noch wenig Ahnung, wie das irgendwann mal sein wird Modedesigner zu sein. Es kommt aber auch darauf an, für welche Uni bzw. Schule du dich entscheidest. Wirtschaftsorientierte Schulen  ermöglichen dir durch Praktika einen Einblick in die Arbeit großer Marken. Ich war jedoch auf einer handwerklich-künstlerischen Schule und dort liegt das Augenmerk darauf Geschichten zu erzählen und deine Ideen zu inszenieren.  Wenig konventionell, eher künstlerisch.
Früher dachte ich, ich zeichne, nähe und es passt. Heute weiß ich, dass es viel mehr Technik ist als ich dachte. Wenn du Klamotten verkaufen willst, musst du dich stark von dem künstlerischen lösen oder zumindest reduzieren. 

Gibt es große Designerkarrieren, wie die von Iris von Armin oder Jil Sander, eurer Meinung  nach heute noch? Welcher Gedanke hat euch angetrieben, selbst diesen Schritt zu wagen? 


Carsten: Es gibt so viele Designer, die durch Vielfältigkeit und Kreativität auf sich aufmerksam machen. Wir alle sind bestmöglich global vernetzt, können an Ideen anknüpfen und uns inspirieren lassen. Eine Idee generiert sich aus einer anderen. 
Es ist schwer aus dieser Masse mit einer ganz neuen Idee, auf sich aufmerksam zu machen.  Das Aufleben von klassischen Ikonen wie Dolce & Gabana oder anderen großen Modehäusern, wird es in diesem Sinne glaube ich nicht mehr geben.


Juliane: Ich denke ebenfalls, dass es keine klassischen Ikonen wie z.B. Coco Chanel mehr geben wird. Einige fallen eher mit Übertreibung auf. Warum ich selbst diesen Schritt gegangen bin? 
Ich wollte was Eigenes machen und ich wusste auch nicht, was ich hätte sonst machen sollen. Mein Praktikum bei einem Streetwear Label war super, aber ich hatte zu viele Grenzen. Hier entstand also der Wunsch, ein eigenes Label zu gründen.



Wie entsteht ein Entwurf bei euch? Wie viel Zeit müsst ihr effektiv investieren, um nachher zu sagen, dass ihr mit dem, was der Käufer sieht und vor allem in den Händen hält, vollkommen zufrieden seid?



Juliane: Von der ständigen Grübelei, ob man zufrieden ist, muss man sich lösen. Bei mir entstehen Entwürfe oder Kollektionen allein aus meinem Gefühl heraus. Carsten hat mich überredet einen Stoff zu kaufen, den ich eigentlich nicht mochte. Der Stoff wurde drei Monate im Kofferraum gelagert und nicht angesehen. Heute, ist er die Grundlage für die Kollektion und ich mag ihn. Wir haben eine Idee drauf aufgebaut und entwickelt.



Carsten: Wir haben unsere Ideen zusammen entwickelt, aber wie es dann am Menschen der es tragen möchte aussieht, ist wieder eine ganz andere Frage. Die Frage, wie lange ein Produkt „reift“, hängt von der Art der Idee ab und lässt sich nicht in Stunden zählen.



Jeder kreative Kopf ist irgendwann mal müde. Was inspiriert euch am meisten bei einer kreativen Durststrecke?



Carsten: Ich habe festgestellt, dass mich das Zugfahren, Musikhören und das Beobachten der monotonen Landschaft am meisten inspirieren. Besonders in MV geht das besonders gut.



Juliane: Ich ziehe meine Inspiration aus dem Reisen und dem Erkunden von Ländern. Es reicht auch schon für ein bis zwei Tage woanders zu sein. Ein Straßenzug, ein Platz oder besondere Menschen geben oft den Impuls für neue Ideen. Ich mag keinen Alltag. Ich suche mir immer neue Wege zum Supermarkt, sonst bin ich schnell gelangweilt.



Jule, du machst du auch Mode für Männer – ist das eine Herausforderung? Ist Carsten dir dabei eine Hilfe oder habt ihr unterschiedliche Meinungen, wenn es um Stil für Männer geht?



Juliane: Mir fällt es einfacher Mode für Männer zu machen. Zudem habe ich auch nur gelernt für Frauen zu designen. Carsten ist schon eine große Hilfe. Er probiert die Sachen an und sagt entweder „Jule, geht super“ oder „geht gar nicht“.



Früher gab es Trends, Schulterpolster und Co, an die sich jeder gehalten hat. Verfolgt euch ab und an die Angst nicht zeitgemäß zu sein?



Carsten: Was ist zeitgemäß?



Juliane: Dass wir auf unsere Pullover nicht YOLO oder Swagger drucken.



Carsten: Ich persönlich finde es schön, zeitloser zu arbeiten. Zum Beispiel einen klassischen Pullover entwerfen, den man auch noch in fünf Jahren tragen kann.



Juliane: Wir sind ja auch nicht H&M. Ich glaube die haben oft Angst. Ich glaube wir haben ein gutes Gespür für Trends, auch ohne die „In Style“ durchzublättern. Wir sind eben einfach jung.



Was zeichnet den Stil von cold by aus oder seid ihr da noch auf der Suche?



Carsten & Juliane : Cold by ist modern und unaufgeregt.




Stella Mc Cartney arbeitet nur mit veganen Stoffen. Grüner Mode, vor allem innovativer Mode, wird ein großer Platz in der Modewelt eingeräumt. Gibt es bestimmte Stoffe, mit denen ihr am liebsten arbeitet? Welche Aspekte sind Dir bei der Auswahl besonders wichtig?



Juliane: Ich mag Stoffe, die schon ein wenig älter sind und eine Geschichte erzählen. Der Gedanke, wie z.B. bei der „Donnie Darko“-Kollektion, aus älteren Klamotten wieder etwas ganz neues zu machen gefällt mir. Ansonsten probieren wir für die kommende Saison Bio- Stoffe.



Verratet ihr mir eure Designervorbilder?



Juliane:Nur weil du es bist - Sissi Götze.



Carsten: Außer mit gängigen Streetwear Labels, habe ich mich vorher nie mit kleineren  Modelabels befasst. Meine Affinität für Grafik und Print wird am besten bei wemoto präsentiert.



Wenn man Mode verkaufen möchte, muss man sich irgendwie auch dem kommerziellen Markt anpassen, wie und wo verkauft ihr eure Mode?



Juliane: Wir verkaufen online auf selekkt, bald auch auf berryavenue und im cosi im Barnstorfer Weg. Tatsächlich gestaltet es sich schwieriger in Läden in Hamburg oder Berlin zu verkaufen.



Wie kam es dazu, dass du dich nicht wie viele andere junge Kreative für Berlin entschieden hast sondern für Rostock? Heimatliebe?



Juliane: Heimatliebe, ja. Irgendwie möchte man ja auch was zurückgeben. 
Berlin ist mir zu laut – sorry.




Die British Fashion Council fördert gezielt junge Designer. Wie schätzt ihr die  Förderung junger Talente mit dem Siegel „Made in Germany“ ein?



Juliane: Die Zeitschrift „Textilwirtschaft“ schreibt regelmäßig Angebote oder Wettbewerbe aus und ich glaube man kann gut unterstützt werden. Zur letzten Fashionweek gab es zum Beispiel einen Designerwettbewerb von Starbucks. Online konnte man für junge Designer voten, die dann ihre Mode in einem neuen Starbucks am Potsdamer Platz präsentieren durften. Besonders von den großen Modehäuser oder Ketten kann man gut unterstützt werden.



Was wäre das Beste was euch und cold by passieren könnte?



Juliane: Wenn ich an mein Telefon gehen würde und jemand mit „Hallo, hier ist Karl Lagerfeld“ antwortet.



Carsten: Das Beste wäre, sich nicht mehr um so viele Sachen kümmern zu müssen, sondern sich voll und ganz auf‘s designen zu fokussieren.




Wo seht ihr euch und euer Label in 10 Jahren? Fashionweek in Berlin oder lieber Paris?



Juliane: Antwerpen oder Island.



Carsten: Ich würde es super finden, wenn cold by sich etablieren würde. Angenommen, es würde nur einen cold by-Laden geben und viele wissen: der läuft. So eine Art Ideenwerkstatt, in der man sich selbst einbringen kann, Ideen austauscht, sich trifft und eine gute Zeit hat und ein großer Kühlschrank mit Bier und Mate. Das wäre perfekt. 




Rostock ist nicht Modemetropole Nummer eins. Was wünscht ihr euch von Rostock, als Standort für cold by?



Juliane: Leute die offen sind für neue Trendströme. Ich würde mir wünschen, dass nicht immer alles so ernst genommen, sondern mehr ausprobiert wird. Rostock komm aus dir raus!


Carsten: Wenn Rostock sich mehr interessieren würde, gäbe es Initiativen wie Kreativsaison Mecklenburg nicht. Ich glaube nicht, dass Rostock oder Meck Pomm kreatives Brachland ist.